Die Cytologie ist weder in der Forschung noch in der praktISchen
Anwendung eine junge Methode. Bevor man lernte, Gewebspräparate durch
die Schnitt- technik anzufertigen, war man auf die Untersuchung von
Zellen aus Zupfpräpa- raten oder von abgestrichenen bzw. abgeschilferten
Zellen angewiesen. Kurz nachdem JOHANNES MÜLLER (1801-1858) als einer
der ersten das Mikroskop in die medizinische Diagnostik eingeführt und
sein Schüler SCHWANN 1839 die tierische Zelle als Elementarbaustein
entdeckt hatte, untersuchte der Franzose DONNE das Colostrum (18i5),
fand POUCHET (1847) Zellveränderungen im Vagi- nalsekret während des
menstruellen Cyclus und beschrieb BRUCH in Deutschland das flüssige
Blastem und nackte Kerne als Besonderheit der Krebsmilch. Schon in
diesen Ansätzen sind die beiden Richtungen der Cytologie klar erkennbar:
die Bemühungen um eine funktionelle Diagnostik und um eine
Charakterisierung von Malignomen an Hand der cytologischen
Zusammensetzung des Unter- such ungsma terials. Während die Untersuchung
des flüssigen Gewebes Blut (nach Einführung spezieller Färbemethoden
durch EHRLICH und den Ausbau der Methodik durch WIDAL) als Hämatologie
zum festen Bestandteil medizinischer Diagnostik wurde und aus dem
Zuständigkeitsbereich des Pathologen in den des klinischen Häma- tologen
überging, entwickelte sich die Gewebsschnittuntersuchung und wurde als
Histologie zum unentbehrlichen Bestandteil pathologisch-anatomischer
Dia- gnostik, die weitgehend außerhalb der Klinik lag. Die Beurteilung
cytomorpho- logischer Eigenschaften erfolgte damit im Gewebsverband und
gestattete bei geringerem Zeitaufwand eine erhöhte Sicherheit gegenüber
der Untersuchung aus dem Verband herausgelöster Einzelzellen. Die
exfoliative Cytologie trat in den Hintergrund.