Wenige soziologische Teildisziplinen haben in der Nachkriegszeit so
weiten Widerhall sowohl seitens der Praxis als auch seitens der
Fachvertreter gefunden wie die Soziologie des Industriebetriebes. Obwohl
sich im Laufe der Jahre die Akzente der Forschung spürbar verlagerten
und die Problemstellungen oft von Modeströmungen beeinflußt wurden, kann
doch das Gebiet eine bemerkens- wert kontinuierliche Entwicklung
aufweisen. Allmählich haben sich die mikro- soziologische Sichtweise der
Human Relations- und späteren Kleingruppen- Forschung und die mehr
makrosoziologisch orientierte Sichtweise der Theore- tiker industrieller
Arbeitsbeziehungen und moderner Betriebsverfassungen einander
angenähert. Diese Begegnung wurde durch die Wende zu organisations-
soziologischen Forschungsansätzen wesentlich gefördert. Die Position der
Be- tI'iebssoziologie wurde weiterhin dadurch verstärkt, daß ihre
Erkenntnisse und Forschungsmethoden immer umfassender im Hoch- und
Fachschulunterricht vermittelt und auch von den Betriebspraktikern in
wachsendem Maße rezipiert werden. Ein Blick auf die
betriebssoziologische Fachliteratur zeigt allerdings, daß die Zahl der
eigentlichen Forschungsbeiträge in deutscher Sprache nicht sehr groß
ist. Buchveröffentlichungen sind entweder systematische überblickp. über
teil- weise schwer zugängliche Primärforschung, an der die USA einen
überwiegen- den Anteil haben, oder sie stellen als monographische
Abhandlungen zu Detail- problemen hohe Ansprüche an das Fachwissen des
Lesers. Besonders auffallend ist angesichts der Fülle empirisch
erarbeiteten Untersuchungsmaterials, das allerdings nur zu einem kleinen
Teil der öffentlichkeit zugänglich ist, der Man- gel an theoretischen
Beiträgen, und zwar im Hinblick auf die Erweiterung der
Problemstellungen und die Herausbildung einer Grundkonzeption.