1.1 Die Ausgangsproblematik In der arbeitsmarktpolitischen Diskussion
der letzten Jahre wurde und wird immer wieder die Rigidität von
Lohnniveau und Lohnstruktur für die Höhe und Persistenz der
existierenden Arbeitslosigkeit verantwortlich gemacht. Wurde zu Beginn
der 80er Jahre insbesondere das Lohnniveau als mit Vollbeschlljtigung
unvereinbar angesehen, so ver- schob sich infolge der moderaten
Lohnabschlüsse der 80er Jahre der Schwerpunkt der Diskussion auf Aspekte
der Lohnflexibilität und Lohnstruktur verbunden mit der daraus
resultierenden Forderung nach mehr Lohn(struktur)flexibilisierung zur
Verringerung der Arbeitslosigkeit. Der Stand der Diskussion findet sich
u. a. dokumentiert in Berthold (1987), Hardes (1988), Emmerich et al.
(1989) und Suntum (1991). Den institutionellen Anknüpfungspunkt dieser
wirtschaftspolitischen Forderungen bildet der auf Industrieebene
zwischen der jeweiligen Industriegewerkschaft und dem zuständi- gen
Arbeitgeberverband ausgehandelte Tariflohn. Die inhärente Verkürzung des
2 "institutionalisierten Klassenkonflikts"l auf das tarifliche
Verhandlungssystem und die einseitige Betonung der Markträumungsfunktion
des Lohnsatzes haben zur Folge, daß die Gewerkschaften und deren
Lohnpolitik als Verursacher der konstatierten Rigiditäten 3 ausgemacht
werden - Denn schließlich liegen die Flexibilisierungs- und Deregulie-
rungsforderungen gemäß der unterstellten neoklassischen Theorie (in
ihrer einfachsten Version) im natarlichen Interesse der Unternehmer.
Dieser Begriff von Theodor Geiger (1949) erlaßt m. E. die historisch
gewachsenen und sozial- staatlich intendierten Institutionen
dauerhafter, auf Kompromiß abzielender Arbeitsbeziehungen treffend.