Die Beziehungen zwischen Geometrie und Kunst (letztere hier einerseits
eingeschränkt auf Architektur, Plastik und Malerei, andererseits
ausgedehnt auf die mehr technische Seite des Bau- wesens) sind uralt,
und sie waren immer zweiseitig: mathemati- sche Begriffe und
Erkenntnisse wurden nicht nur einfach ange- wendet, sondern stets
erwuchsen der Mathematik aus den Bedürfnissen der Praxis auch neue
Anregungen. Über diesen ge- samten Komplex gibt es schon sehr viel
Literatur und zwar so- wohl populärwissenschaftliche, die sich an
breite, nicht vorwie- gend mathematisch interessierte Leserkreise
wendet, als auch solche, die für Spezialisten geschrieben und oft sehr
speziellen Fragen gewidmet ist. Demgegenüber zeichnet sich dieses
Büchlein, das wir hier ein reichliches halbes Jahrhundert nach seinem
ersten Erscheinen dem deutschsprachigen Leser erschließen, durch drei
Besonder- heiten aus: Erstens gelang es dem Verfasser, seinem Thema auf
knappem Raum eine erstaunliche Vielfalt von Aspekten abzuge- winnen,
ohne beim Leser große mathematische Kenntnisse vor- auszusetzen.
Zweitens enthält das Büchlein zahlreiche Informa- tionen und Anregungen
gerade zu solchen Themen, über die man in der deutschsprachigen
Literatur sonst wenig Material fin- det. (Als Beispiele seien hier die
Ausführungen über die Her- kunft zahlreicher religiöser Symbole und
Bräuche aus einfachen Vermessungsaufgaben sowie zur Geschichte und
Bedeutung der Bauhütten und ihrer geheimen Zeichen genannt. ) Drittens
schließlich bezieht der Verfasser seine Beispiele oft aus seiner
tschechoslowakischen Heimat. Dies ist ganz natürlich, und eine
zusätzliche Motivation war sicher dadurch gegeben, daß Franti- liek
Kaderaveks Manuskript nur achtzehn Jahre nach Erringung 4 VORWORT der
lange herbeigesehnten nationalen Selbständigkeit der Tsche- choslowakei
entstand.