Wer seinen Blick über die Auslagen des aktuellen Bücherange- bots
schweifen läßt, erhält den Eindruck vermittelt, als ginge die Liebe der
Nordlichter zu Italien durch den sprich- wörtlichen Magen. Vorn
kunsthistorischen Erbe abgesehen, scheint sich nichts Italienisches auf
Hochglanz besser zu verkaufen als dessen "cucina povera". Und so ist
wohl ein größerer Leserkreis über die verschiedenen pasta-Arten - mit
den "agnolotti" beginnend und den "zite" endend - besser in- formiert,
ist diesem die kulinarische Zweiteilung in ein Italien der bandförmigen
pasta (Norditalien und Sardinien) und eines der röhrenförmigen pasta
(Süd) besser vertraut als etwa jene Inhalte, die Sozialwissenschaftler
mit dem Begriff des "dualismo" verbinden. Dank mutiger Verlage schloß
sich dem kulinarischen Dauerhoch hierzulande ein literarisches an (siehe
Frankfurter Buchmesse 1988), eine Anhäufung allegori- scher,
metaphorischer und phantastischer Texte, wie das von den Taviani-Brüdern
bebilderte -Caos- PIRANDELLOS. Diese Woge ins Deutsche übersetzter
Literatur bis hin zum "neorealismo" führt nur wenig
sozialwissenschaftliches Treibgut mit sich, und wenn, dann meist
historischen oder politischen Gehalts. Aus diesem Grunde wurde in den
nachfolgenden Ausführungen auf ein eigenes Kapitel zum politischen
System verzichtet. Wer dazu Informationen und Kommentare wünscht, wird
schnell fün- dig (z. B. in den Zeitschriften Universitas 10/1988, Aus
Poli- tik und Zeitgeschichte 39/1988 oder in der Zeitschrift für
Parlamentsfragen 4/1987, ferner bei Beyrne (1970), LA PALOM- BARA
(1987), CHIELLINO, MARCHIO, RONGONI (1983). Andererseits finden sich nur
wenige Strandläufer, die regelmäßig ökonomi- sches oder soziologisches
Schriftgut ihrer italienischen Kol- legen auflesen, es sei denn, Europa
verpflichtet zur stati- stischen Berichterstattung (OECD).