Alfred de Musset: Gamiani oder zwei tolle Nächte Fanni war noch jung und
unschuldigen Herzens. Ich glaubte daher, sie würde an Gamiani nur mit
Entsetzen und Abscheu zurückdenken. Ich überhäufte sie mit Liebe und
Zärtlichkeit und erwies ihr verschwenderisch die süßesten und
berauschendsten Liebkosungen. Zuweilen tötete ich sie fast in
wollüstigen Entzückungen, in der Hoffnung, sie würde fortan von keiner
anderen Leidenschaft mehr wissen wollen, als von jener natürlichen, die
die beiden Geschlechter in den Wonnen der Sinne und der Seele vereint.
Aber ach! ich täuschte mich. Fannis Phantasie war geweckt worden - und
zur Höhe dieser Phantasie vermochten alle unsere Liebesfreuden sich
nicht zu erheben. Nichts kam in Fannis Augen den Verzückungen ihrer
Freundin gleich. Unsere glorreichsten Liebestaten schienen ihr kalte
Liebkosungen im Vergleich mit den wilden Rasereien, die sie in jener
verhängnisvollen Nacht kennen gelernt hatte. Erstdruck: Brüssel 1833.
Veröffentlicht unter dem Namen Alcide Baron de M***. Originaltitel:
Gamiani ou Deux Nuits D'Escés Neuausgabe. Herausgegeben von Karl-Maria
Guth. Berlin 2017. Textgrundlage ist die Ausgabe: Alfred de Musset:
Gamian oder zwei tolle Nächte. Deutsche Bearbeitung von Heinrich Conrad,
Privatdruck [o.J.]. Die Paginierung obiger Ausgabe wird in dieser
Neuausgabe als Marginalie zeilengenau mitgeführt. Umschlaggestaltung von
Thomas Schultz-Overhage. Gesetzt aus der Minion Pro, 11 pt.