Alle Prozesse in der Natur enthalten eine oder mehrere ungewisse
Komponenten, zeigen Ungewißheiten oder haben einen mehr oder weniger
ungewissen Ausgang. Dabei kann man unterscheiden, ob man einen Vorgang
-oder einen Teil davon -als ungewiß ansieht, weil man ihn nicht exakt
deterministisch erfassen kann (z. B. die Kursentwicklung an einer
Wertpapierbörse), ob man ihn als genuin zufällig ansieht (z. B. den
radioaktiven Zerfall eines Stoffes) oder ob die Ungewißheit des Vorgangs
von seiner Beschreibung mit vagen Begriffen herrührt. Unsere heutigen
sehr kom- plexen sozialen und technischen Strukturen sind ohne den
Einsatz von Verfahren zur Behandlung ungewisser Effekte nicht mehr
vorstellbar, wenn man z. B. nur an Lebens-und Krankenversicherungen
einerseits und an die Berechnung der Zu- verlässigkeit technischer
Systeme und Prozesse andererseits denkt. Die Entwicklung mathematischer
Werkzeuge zur Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik führte zu der
bis in unser Jahrhundert unangefochtenen Stellung der Stochastik als der
besten wissenschaftlichen Methode zur Behandlung von Aspekten der
Ungewißheit. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts etablierte sich
dann die Fuzzy Theorie, die Lotfi Zadeh in der Arbeit "Fuzzy Sets"
(1965) als Verallgemeinerung der Can- torschen Mengentheorie begründete,
als eine ernstzunehmende Konkurrentin für die Aufgabe, Ungewißheiten zu
modellieren. Die weiteren Entwicklungen brachten eine über Jahrzehnte
geführte Auseinandersetzung zwischen Stochastikern und Vertre- tern der
Fuzzy Theorie, aber auch eine überaus erfolgreiche Anwendung der Theorie
in vielen Bereichen der angewandten Wissenschaften und der Industrie.