Annette Simon und Jan Faktor - sie ostdeutsche Psychoanalytikerin, er in
Ostdeutschland lebender tschechischer Schriftsteller -, befinden sich
nicht nur seit ihrer Jugend in ständigem geistigen Austausch und sind
nicht nur seit mehr als zwanzig Jahren verheiratet: sie schreiben auch
beide. In ihren in diesem Band vereinten Vorträgen und Essays
reflektieren sie von verschiedenen Seiten die politischen und
gesellschaftlichen Konflikte ihrer unmittelbaren Vergangenheit. Viele
dieser emotional stark besetzten Erlebnisse bedeuteten auch Brüche in
ihren vertrauten Wirkungskreisen und brachten immer wieder die
Beschäftigung mit dem "Fremdsein" in ihr Leben. Jan Faktor zog 1978 in
die DDR - in ein fremdes Land, dessen Untergrundkultur ihm dann
plötzlich nicht geahnte, aber auch fragwürdige Freiräume bot. Er wurde
mit der anderen Kultur und als Schriftsteller mit der deutschen Sprache
konfrontiert. Nach der deutschen Vereinigung mußte er sich mit der
Stasi-Vergangenheit einiger seiner Mitstreiter auseinandersetzen - und
auch mit dem westdeutschen Kulturbetrieb. Annette Simon erlebte mit der
Okkupation der CSSR eine politische Entfremdung von ihren früheren
sozialistischen Idealen und von ihrem vermeintlichen Aufgehobensein
innerhalb der DDR. Kritisch analysiert sie in ihren Texten das
Weiterbestehen solcher Entfremdungsgefühle sowohl bei ehemaligen
Oppositionellen, als auch bei ehemaligen Befürwortern der DDR im
deutschen Vereinigungsprozeß. Vor allem aber reflektiert sie ihren
beruflichen Werdegang als Psychotherapeutin und erhellt dabei die
Hintergründe des Psychotherapiealltags in der DDR.