Zu Beginn des 16. Jahrhunderts verliess der Kolner Schlosser Franz Helm
seine Heimatstadt, um sich als Buchsenmeister auf den Kriegsschauplatzen
seiner Zeit zu verdingen. 1542 fand er eine dauerhafte Anstellung im
Munchener Zeughaus der Herzoge von Bayern und legte 1535 seine
Berufserfahrung in einem umfangreichen Werk nieder, das er, Buch von den
probierten Kunsten' nannte. Mit dem erklarten Ziel, eine Lehrschrift fur
Berufsanfanger zu verfassen, behandelt er Pulverrezepturen, Ladeweisen
und das prazise Einrichten verschiedener Geschutztypen. Ausserordentlich
detaillierte Beschreibungen samtlicher Techniken und Arbeitsvorgange
vermitteln auch heute noch ein prazises Bild des fruhneuzeitlichen
Artilleriegebrauchs. Gedruckt wurde sein Lehrbuch zunachst nicht, doch
uber 70 noch heute erhaltene Abschriften zeugen von grosser Verbreitung.
In jeder der fruhneuzeitlichen Furstenbibliotheken stand mindestens ein
Exemplar. Stadte, Berufskollegen, Giesser und einige Adelige, die im
neuen Kriegswesen ihr Auskommen suchten, gehorten zu den nachweisbaren
Besitzern. Noch zu Beginn des Dreissigjahrigen Krieges wurden
Abschriften angefertigt; kurze Zeit spater wurde der immer noch fur
aktuell gehaltene Text gedruckt. Das vorliegende Buch beleuchtet die
abwechslungsreiche Vita des Franz Helm und liefert eine detaillierte
Analyse von Inhalt und Quellen des, Buchs von den probierten Kunsten'.
Untersucht werden Techniken und Methoden der Wissensvermittlung im
Spannungsfeld der mittelalterlichen und fruhneuzeitlichen Fachprosa wie
auch das ambivalente Bild des Krieges, das hinter den nuchternen
technischen Schilderungen hervortritt. Ein grosser Teil der Untersuchung
gilt der Uberlieferung. Wer waren die Auftraggeber, Schreiber, Besitzer
und Leser des Werkes? Das, Buch von den probierten Kunsten' durfte die
umfangreichste handschriftliche Uberlieferung eines Buches im 16.
Jahrhundert besitzen. Warum aber wurde es erst so spat gedruckt? Ein
Index der zitierten Handschriften und ein Literaturverzeichnis
schliessen die umfangreiche Einleitung ab. Es folgt ein kompletter
Abdruck des Textes nach dem altesten erhaltenen Autograph, der
Heidelberger Handschrift cpg 128. Samtliche Abbildungen der Handschrift
wurden dem Abdruck beigegeben. Ein Glossar erschliesst chemische und
militarische Fachterminologie.Damit stehen nun erstmals Untersuchung und
Abdruck eines Textes zur Verfugung, der gleichermassen fur Militar-,
Technik-, Chemie- und Wissenschaftsgeschichte, Germanistik,
Fachprosaforschung und Buchwissenschaft von Bedeutung ist.