Zwischen der Erziehungswissenschaft und der Biographieforschung besteht
eine hohe Affinität aufgrund des gemeinsamen Arbeitsfeldes. Denn ein
biogra- phischer Bezug ist der Pädagogik in ihrem Gegenstand bereits
vorgegeben. Bedeutet doch Erziehung Anleitung, Unterstützung und Hilfe
in Verbindung mit der Gestaltung individuellen Lebens. Vor diesem
Hintergrund ist es nicht überraschend, daß die Pädagogik neben der
Historiographie, der Literaturwis- senschaft und der Philosophie an den
Anfängen einer wissenschaftlichen Be- schäftigung mit Biographien im 18.
Jahrhundert bereits maßgeblich beteiligt war. Eine neue Blütezeit
erlebte die pädagogische Biographieforschung erst in den 20er Jahren
dieses Jahrhunderts, als Vertreter der Pädagogischen Psycho- logie und
der Jugendforschung, wie Charlotte Bühler oder Siegfried Bernfeld, die
biographische Methode für Untersuchungen zum Jugendalter und zum Le-
benslauf fruchtbar zu machen suchten. Zu einer erneuten Renaissance der
erziehungswissenschaftliehen Biographie- forschung kam es dann in den
70er Jahren. Dominierten in der Diskussion zu- nächst programmatische
und methodologische Überlegungen zur Ausarbeitung einer biographischen
und narrativen Orientierung in der Pädagogik, so wurden in den 80er
Jahren eine Vielzahl von biographischen Studien in der histori- schen
Bildungs- und Sozialisationsforschung, in der pädagogisch orientierten
Kindheits-, Jugend-, Schul- und Hochschulsozialisationsforschung sowie
in einigen erziehungswissenschaftliehen Teildisziplinen durchgeführt.
Parallel zu dieser Entwicklung erfolgten auch Versuche, die
Forschungsaktivitäten im Be- reich der erziehungswissenschaftliehen
Biographieforschung stärker institutio- nell zu vernetzen. Diese
Aktivitäten setzten auf dem Tübinger Kongreß der Deutschen Gesellschaft
für Erziehungswissenschaft im Jahr 1978 ein und mün- deten in der
Gründung einer Arbeitsgruppe Erziehungswissenschaftliche Bio-
graphieforschung auf dem Dortmunder Kongreß der DGfE im Frühjahr 1994.