Panofskys Korrespondenz ist der unbekannte Teil seines Ouvres. Aus einer
Sammlung von ca. 27.000 Briefen hat Dieter Wuttke in 22-jahriger,
kulturwissenschaftlich fundierter Forschungsarbeit eine Auswahl von uber
3800 Briefen getroffen, die das Leben und Schaffen Panofskys
widerspiegelt. Mit Band V und 852 neuen Texten kommt das Projekt an sein
Ende. Der Einstein der Kunstgeschichte zeigt zwischen 1962 und dem
Beginn seiner Krankheit zum Tode Mitte Dezember 1967 trotz zunehmender
Altersbeschwerden und nagender Selbstzweifel eine weiterhin erstaunliche
Schaffenskraft und Agilitat. Er verfasst zahlreiche Aufsatze, nimmt
Vortragseinladungen an, berat nimmermude junge und alte Kolleginnen und
Kollegen und bereitet sein letztes groaes Werk Problems in Titian.
Mostly Iconographic vor. Saturn and Melancholy, eines der Kultbucher des
20. Jahrhunderts, das Panofsky bis 1938 am nachhaltigsten gefordert
hatte, erblickt 1964 endlich das Licht der Offentlichkeit. Doch sind
dies auch Jahre schwerer Erschutterungen. Politisch werfen die
Kuba-Krise und die Ermordung John F. Kennedys Schatten auf sein Leben,
personlich belastet ihn eine zunehmende Vereinsamung: erst der Verlust
enger Freunde, dann besonders der Tod seiner Frau Dora. Er sehnt sich
verzweifelt nach dem Austausch mit deutschen Freunden, empfindet das
Fremde der englischen Sprache und die Fremdheit im Wesen der
amerikanischen Freunde. Seine zweite Frau, die junge deutsche
Kunsthistorikerin Gerda Soergel, eroffnet ihm neue Lebensfreude und
damit wieder den Weg zur Musik fur Panofsky die Essenz des Lebens. Die
Aufnahme in den Orden Pour le merite wird zum symbolischen Hohepunkt und
zur Kadenz eines exzeptionellen Forscherlebens.