Die räumliche Ordnung der Lebensprozesse im Körper der Eumeta- zoen
beruht auf dem Prinzip der Arbeitsteilung, nach dem viele Vorgänge nur
in bestimmten, hierfür spezialisierten Teilen des Organismus ab- laufen
können. Für die Wirbeltiere ist seit langem bekannt, daß dieses Prinzip
nicht nur für komplexe Lebensleistungen, sondern auch für elementare
Prozesse des Stoffwechsels gilt. Die meisten der hochspeziali- sierten
Zelltypen des Wirbeltierorganismus haben die Fähigkeit zur Durchführung
bestimmter biochemischer Reaktionen eingebüßt und sind zur Befriedigung
ihrer Stoffwechselbedürfnisse auf die Mitwirkung anderer Zellen
angewiesen. So kommt also auch das chemische Gesamt- geschehen bei den
Wirbeltieren erst durch Zusammenwirken aller Zellen des Körpers
zustande. In diesem Zusammenspiel hat die Leber eine zentrale Rolle
inne, die ihr die Bezeichnung "Zentralorgan des Stoff- wechsels"
eingetragen hat. Im Leberparenchym laufen zahlreiche Elementarprozesse
des Stoffwechsels ab, die in anderen Organen nicht oder nur in
geringerem Ausmaß möglich sind. Es ist naheliegend zu prüfen, ob eine
ähnliche Situation auch bei "Wirbellosen" anzutreffen ist. Im folgenden
soll dargestellt werden, daß die Mitteldarmdrüsen der Crustaceen und
Mollusken sowie der Fett- körper der Insekten mit einiger Sicherheit als
"Zentralorgane des Stoffwechsels" im genannten Sinne anzusprechen sind.
Für das Chloragog der Oligochäten erscheint eine zentrale Rolle im
Stoffwechsel immerhin möglich. Der Vergleich bestimmter Organe der
"Wirbellosen" mit der Wirbel- tierleber ist schon sehr alt (JORDAN 1912,
SrwE 1937). Die Bezeichnung "Leber" für die Mitteldarmdrüsen der
Mollusken und Crustaceen geht zurück auf CLAUDE BERNHARD.