Beim V erfassen dieses Buches habe ich mir mehrere Aufgaben gestellt.
Grundsätzlich geht es mir um die Beantwortung allge- meiner,
theoretischer Fragen, nicht um die Vermittlung histori- schen oder
soziographischen Wissens über Entwicklungsländer. Es geht mir darum, was
sozialwissenschaftliche Theorien zur Klärung der Probleme der
Entwicklungsländer beitragen kön- nen. Aus dieser Aufgabenstellung
ergibt sich zunächst ein Pro- blem für mich, für den Verfasser.
Sozialwissenschaftliche Theo- rien erfüllen nur selten die Desiderata
für wissenschaftliche Theorien. An vielen Stellen bleibt mir deshalb
nichts anderes übrig, als die Schwächen sozialwissenschaftlicher
Theorienbil- dung hier einmal mehr zu reproduzieren. In dieser
unbefriedi- genden Ausgangslage habe ich versucht, den hypothetischen
und vorläufigen Charakter unseres Wissens hervorzuheben, indem ich
erstens möglichst unterschiedliche, theoretische Ansätze zu ver- wandten
Themen nebeneinander stelle, indem ich zweitens im- mer wieder auf die
Frage zu sprechen komme, ob eine theoreti- sche Perspektive eindeutige
und prüfbare Implikationen hat, ob empirische Überprüfungen eher für
oder eher gegen bestimmte Hypothesen und Theorien sprechen. Mein
ausgeprägtes Interesse an Verallgemeinerung und gründlicher,
systematischer Überprüfung von Hypothesen legt es nahe, internationalen
Gesellschaftsvergleichen besonderes Gewicht zuzugestehen, beispielsweise
bei der Frage: wie kommt es, daß manche Entwicklungsländer erfreuliche
Wachstumsraten erzielen, daß manche Hunger und Armut überwinden, andere
aber das Absinken eines ohnehin schon unerträglich niedrigen
Lebensstandards hinnehmen müssen? Bei derartigen Fragen kann man
versuchen, Unterschiede zwischen Entwicklungslän- dern auf sog.
abhängigen Variablen mit Hilfe von Unterschieden auf sog. unabhängigen
Variablen zu erklären.