Die Soziologie der Künste, kurz angesprochen als Kunstsozio- logie,
gehört zur Gruppe der sog. Bindestrich-Soziologien, die wie Erziehungs-,
Industrie- oder Religionssoziologie ih- re Grundbegriffe der allgemeinen
Soziologie entnimmt. Ihre Eigenständigkeit beruht weniger auf der
Entwicklung theore- tischer Prämissen als auf der Erprobung der
Anwendung der- selben im Felde der verschiedenen Kunstformen. Sie stellt
sie in die Mitte ihrer Uberlegungen und Analysen, und zwar als soziale
Gegebenheiten, ohne sich in eine Diskussion dar- über zu verlieren, was
denn Literatur, Musik oder Theater seien und wann sie sich in ihren
Erscheinungsformen als Kunst bezeichnen lassen. Erwägungen dieser Art
gehören nicht zum Aufgabenbereich der Kunstsoziologie noch zu ihrer
Ziel- richtung. Auch dort, wo die Kunstsoziologie schlechthin als Teil
einer Kultursoziologie angesehen wird, nur weil Film, Malerei, Musik,
Comics etc. als Äußerungen einer Kultur gel- ten (z. B. bei. W. E.
MUHLMANN 1964; A. CUVILLIER 1970; u. a. ), verbleibt sie im Rahmen eines
Aufgabenbereichs, bei dem das Soziologische den Vorrang vor dem
Künstlerischen oder dem Kulturellen genießt. In ihrem ureigensten
Interesse besitzen ihre prinzipiellen soziologischen Denkweisen
Allgemeingül- tigkeit, gleich, ob es sich um solch unterschiedliche
künst- lerische Phänomene handelt, wie es die verschiedenen Kunst- genre
sind. Die Eigenständigkeit und Spezifität der einzel- nen Kunstgenre
wird hierdurch in keiner Weise berührt; denn wenn sich auch die
künstlerischen Äußerungen und Wahrnehmun- gen der einzelnen Kunstformen
grundlegend voneinander unter- scheiden - die sozialen Prozesse bei
ihrer Kreation, ihrer Vermittlung und ihrer Wirkungen treten im
gesamtgesellschaft- lichen Rahmen stets als die gleichen in Erscheinung.