Während das moderne Arbeitsrecht in Deutschland das Ergebnis einer
hundertjährigen Entwicklung darstellt, ist das Arbeitsrecht heutzutage
ebenfalls ein wichtiger Bestandteil des chinesischen Wirtschaftslebens
geworden und gewinnt es immer mehr an gesellschaftliche Bedeutung. Nach
dreißigjährigem Wirtschaftswachstum befindet sich China derzeit am
Wendepunkt von ausschließlicher Betonung der wirtschaftlichen Effizienz
zur Anstrebung mehr sozialer Gerechtigkeit im Rahmen der "harmonischen
Gesellschaft". Vor dem Hintergrund der wirtschafts- und
sozialpolitischen Reformen zeichnet sich ab, dass ein verlässliches
Arbeitsrecht vom chinesischen Gesetzgeber bereits als eine unabdingbare
Voraussetzung für die nachhaltige Entwicklung Chinas angesehen ist.
Anderseits soll man aber nicht übersehen, dass das Arbeitsrecht nicht
nur ein Teil der Sozialpolitik ist, sondern auch sich eng mit der
Wirtschaftspolitik zusammenhängt. Aus diesem Grund hat China ein rechtes
Maß für Arbeitnehmerschutz zwischen der Privatautonomie und staatlicher
Einflussnahme zu finden. Dabei stellen sich selbstverständlich die
folgenden Fragen: Ist es überhaupt realistisch, dass China noch als ein
Entwicklungsland die Arbeitnehmerrechte in gleichem Maße wie Deutschland
durch Arbeitsrecht schützt? Wie ist die arbeitsrechtliche Lage in China?
Wie groß ist der Rückstand des chinesischen Arbeitsrechts gegenüber dem
deutschen Arbeitsrecht? Die Aufgabe der Arbeit besteht daher darin, die
arbeitsrechtlichen Lagen beider Länder miteinander gegenüberzustellen
und damit die positiven Entwicklungen und Missstände der chinesischen
Arbeitsrechte zu identifizieren. Der Vergleich erfolgt in vierlei
Hinsicht. Im Grundlagenteil(2) wird zunächst ein Makrovergleich über die
Rahmenbedingungen der deutschen und chinesischen Arbeitsmärkte
durchgeführt. Dabei sollen auch die Rechtsquelle des Arbeitrechts,
Arbeitsgerichtsbarkeit und zuständige Arbeitsbehörden beider Länder
dargestellt werden. Anschließend werden im Teil der Indiv