Das Leben meiner Generation verlief nicht gleichmaBig und ruhig. Die 40
Friedensjahre brachen unter Wilhelm II. mit einem schrillen MiBklang ab,
als 1914 die Kriegsfackeln lohten. Es folgten Wirren, die innerlich
zusammenhangen vom 1. Welt krieg an tiber die schlimme Hungerzeit des
Nachkriegs, tiber den mit Opfermut und Staatsgesinnung unternommenen
Versuch der Weimarer Republik, von den bisherigen Feinden nicht unter
sttitzt, sondern aufs auBerste erschwert, bis zur Tyrannei Hiders und
dem furchtbaren von diesem angezettelten 2. Weltkrieg und seinem
schlimmen Ende. In dieser Zeit fiihlte ich mich verpflichtet, meine
Meinung als Staatsbtirger auch affentlich zu auBern, in Wort und
Schrift, solange es noch maglich war. Dazu war ich von Friedrich Naumann
erzogen, der als leuchtender Stern tiber meiner J ugend stand und der
damals eine groBe Zahl gleich gesinnter junger Menschen zu einer
positiven, aufbauenden Staatsgesinnung ftihrte. Wenn mich auch der
politische Kampf auf die Dauer nicht voll befriedigte - von dem, was ich
damals schrieb und sagte, brauche ich auch heute, wo ich es nachlese,
kein Wort zurtick zunehmen oder zu bedauern - so fesselte mich doch me
in eigent licher Beruf als Arzt mit der Zeit mehr und mehr. Und von
dieser Zeit und den Begegnungen mit arztlichen Gelehrten magen die
kurzen Lebensbilder, die ich jeweils zu zeichnen versuchte, einiges
festhalten. Es sind gleichstrebende Kollegen meines Faches, es sind
Gelehrte anderer Facher, von denen ich lernte oder an deren Gdbern ich
stand, deren Gedachtnis erhalten bleiben mage."