Die Wiener Hofburg zahlt zu den historisch und kunstlerisch
bedeutendsten Profanbaukomplexen Europas. Als Regierungssitz der Herzoge
und Erzherzoge von Osterreich, der romisch-deutschen Konige und Kaiser
sowie der Kaiser von Osterreich stand sie vom 13. Jahrhundert bis 1918
im Mittelpunkt europaischer Politik. Diese zentrale Position spiegelt
sich in der baulichen Entwicklung der Hofburg wider: von der
mittelalterlichen Kastellburg des Schweizertraktes fuhrt sie uber
Palastbauten der Renaissance und des 17. Jahrhunderts, die als
Amalienburg, Stallburg und Leopoldinischer Trakt erhalten geblieben
sind, zu den grossen, nur zum Teil realisierten Ausbauprojekten unter
Kaiser Karl VI. - Hofbibliothek, Hofstallungen, Reichskanzleitrakt,
Winterreitschule, Michaelertrakt - und Maria Theresia. Mit dem nie
vollendeten "Kaiserforum" wurde schliesslich im 19. Jahrhundert
versucht, die Hofburg dem neu geschaffenen urbanen Kontext der
Ringstrasse zu integrieren. Dennoch erhielt die Hofburg nie ein
einheitliches Erscheinungsbild; beinahe alle Planungen, die in diese
Richtung tendierten, blieben Papier; dies gilt auch fur die
reprasentativen Projekte, die nach 1918 bis in die 1940er Jahre
entstanden. Der architektonischen und stadtebaulichen Komplexitat der
Hofburg steht eine bemerkenswert geringe Beachtung und unzureichende
Wurdigung durch die Kunst- und Architekturgeschichte gegenuber. Dieses
Desiderat hat die Kommission fur Kunstgeschichte der Osterreichischen
Akademie der Wissenschaften zum Anlass genommen, ein gross angelegtes
Forschungsprojekt zu entwickeln. Rund 20 Wissenschafter -
Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker, Bauarchaologen,
Historikerinnen und Historiker, Gartenhistoriker und
Filmwisschafterinnen - untersuchen breit angelegte Themenkreise:
Planungs-, Bau- und Funktionsgeschichte, Architektur und Gartenanlagen,
urbanistischer Kontext, bildnerische Ausstattung und Einrichtung und die
dahinter stehenden programmatischen Konzepte von Bauherren und
Architekten.