Obwohl Giovanni Pico della Mirandola (1463-1494) zu den beruhmtesten
Humanisten seiner Generation gehort, ist sein dichterisches Werk bislang
so gut wie nicht erforscht. Nun wird erstmals systematisch der Hauptteil
der volkssprachigen Dichtungen erschlossen, die Sonette: ihre
Uberlieferungsgeschichte, ihre Arbeit an der und Position in der
Tradition des Petrarkismus sowie die Bezuge zum philosophischen Werk
Picos. Die Sonette erweisen sich dabei als das Fragment eines
Canzoniere, der deutlich spater als bislang geschehen datiert werden
muss und Verbindungen zur platonisierenden Hochphase Picos um 1486
erkennen lasst. Besondere Bedeutung kommt auch der Aufarbeitung einer
bestimmten Inszenierung Picos zu, die bereits kurz nach seinem Tod
einsetzte und bis heute sein Bild pragt. In Anbetracht bislang weit
verstreuter Quellen wird offenbar, dass Giovanni Pico seinen
Zeitgenossen gerade nicht nur als Philosoph und Theologe galt, sondern
auch als Dichter.