Hans Kelsens Reine Rechtslehre weckt die Aufmerksamkeit der
Rechtswissenschaften auch noch nach einem Jahrhundert - in Zuspruch wie
in Widerspruch. Sowohl die Aneignungs- als auch die Widerlegungsversuche
sind mitunter von Missverstandnissen und Ausblendungen gepragt. Wahrend
sich die Forschung recht intensiv mit bestimmten Schriften und Konzepten
Kelsens auseinandersetzt, haben andere seiner Schriften, beispielsweise
unubersetzte Werke, sowie die Werke weiterer wegbereitender Mitglieder
der "Wiener rechtstheoretischen Schule" international wenig Beachtung
gefunden. Eine Debatte um die Reine Rechtslehre in und zwischen den
unterschiedlichen Kulturen und Traditionen ist daher besonders
vielversprechend. Dieser Band vereint kritische, neutral-analytische und
zustimmende Beitrage, die die Reine Rechtslehre aus philosophischer,
rechtstheoretischer, ideengeschichtlicher und rechtsdogmatischer
Perspektive durchdringen. Die Autorinnen und Autoren analysieren diesen
Zugang in einem internationalen und inter- wie intradisziplinaren
Rahmen; ihnen gelingt es so, die Reine Rechtslehre vorurteilsfrei und
offen als Zugang sowie Forschungsfeld zu wurdigen und nach der Relevanz,
die ihre Thesen heute noch beanspruchen konnen, zu fragen.