In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Regulierung der
europäischen Rechnungslegung fundamental verändert. Im Zuge der
internationalen Harmonisierung wurde die Normsetzungsfunktion neuer
Rechnungslegungsstandards von den europäischen Staaten an das
International Accounting Standards Board (IASB) delegiert. Seit dem Jahr
2001 entwickelt der in London ansässige IASB als privater Verein die
global anerkannten International Financial Reporting Standards (IFRS).
Bevor die Standards endgültig in europäisches Recht übernommen werden,
müssen sie zuvor erfolgreich ein Anerkennungsverfahren der Europäischen
Kommission durchlaufen. Um Aussagen hinsichtlich der Legitimation des
IASB treffen zu können, wird der Informationsaustausch zwischen
Interessengruppen und privatem Standardsetzer untersucht. Lobbying
spielt aufgrund der Abhängigkeit des IASB von Interessengruppen bei der
privaten Standardsetzung eine entscheidende Rolle. Mittels der Analyse
des Lobbying-Verhaltens von Interessengruppen können Aussagen darüber
getroffen werden, ob der IASB eine pluralistische Interessenvertretung
gewährleistet oder Entscheidungen zugunsten einzelner Gruppen trifft.
Die vorliegende Arbeit befasst sich hierzu mit drei Fragestellungen. Die
erste Fragestellung behandelt die Beteiligung von Interessengruppen am
Standardsetzungsprozess. Zweitens liefert die Arbeit Erkenntnisse zu dem
Zeitpunkt, den Lobbyisten für eine Einflussnahme bevorzugen. Zuletzt
wird der Einfluss von Interessengruppen auf die Entscheidungen des IASB
untersucht.