1m peripheren Grenzgebiete, wo Blutkapillare und Parenchymzelle in
unmittelbaren Kontakt treten, spielen sich die vitalsten Vorgange
unseres Organismus ab; hier erfolgt der Stoffaustausch zwischen Zelle
und den umgeben- den Medien - also das eigentliche Leben; dabei wird die
einzelne Zelle innerhalb des Gewebes nicht passiv ernahrt, sondern sie
nimmt aktiv an ihrer Ernahrung Anteil, indem sie der Gewebsfliissigkeit,
von der sie allenthalben umschlossen wird, den fUr sie erforderlichen
Anteil entnimmt. Insofern ist die Ernahrung quantitativ als auch
qualitativ das Ergebnis einer Zelltatigkeit, wobei die Zelle natiirlich
auch von der Quantitat und Qualitat des ihr erreichbaren Nahrmaterials -
also des Angebotes - abhangig ist, aber keineswegs in der Art, daB sie
genotigt ware, alles aufzunehmen, was und wieviel ihr zuflieBt. Gleich
wie die einzelne Zelle einer Alge aus der Nahrfliissigkeit, in der sie
lebt, sich nur so viel herausholt, als sie fiir ihren Lebenszweck
braucht, so besitzt auch die tierische Gewebszelle - als
Einzelindividuum - inmitten eines zusammengesetzten Organismus elektive
Eigen- schaften, vermoge welcher sie gewisse Stoffe verschmaht, andere
aufnimmt und in sich verwertet. Die Beurteilung dieses Geschehens,
speziell die Erforschung der diesen Mecha- nismus unterhaltenden
Triebkrafte, begegnet groBen Schwierigkeiten, denn das Terrain, auf dem
sich diese Austauschvorgange abspielen, ist nur schwierig einer direkten
Betrachtung zuganglich.