Konstanz am Bodensee zahlt zu den Stadten Baden-Wurttembergs, die den
Zweiten Weltkrieg weitgehend unversehrt uberstanden haben. Aufgrund der
ungebrochenen Besiedlungsgeschichte seit romischer Zeit und der
besonders unter den Aufschuttungen am ehemaligen Seeufer hervorragend
erhaltenen archaologischen Uberreste entwickelte sich die Konstanzer
Altstadt seit den 1980er-Jahren zu einem der Schwerpunkte der
archaologischen Denkmalpflege und der Mittelalterarchaologie des Landes.
Es folgte eine Vielzahl von Ausgrabungen, die auch in eine Fulle von
publizierten Grabungsberichten und Aufsatzen mundeten. Allerdings sind
umfassende Auswertungen im Sinne einer vollstandigen Befundvorlage nach
wie vor die Ausnahme - der vorliegende Band ist ein Beitrag dazu, diese
Lucke zu schliessen. 1989 bis 1992 fanden im Bereich der Marktstatte
gross angelegte Grabungen statt, die sich durch eine aussergewohnliche
Befunddichte, hervorragende Erhaltungsbedingungen und grosse Mengen an
Fundmaterial auszeichneten. Die detaillierte Auswertung der Befunde und
Funde, die in diesem Band vorgelegt wird, erlaubt neue Einblicke in die
Stadtentwicklung des Mittelalters und der fruhen Neuzeit. Im Mittelpunkt
stehen dabei neben der Bebauung insbesondere die mittelalterliche
Landgewinnung, der Hafenbau und die neuzeitliche Marktplatznutzung.
Detailliert wird die topographische Entwicklung des Quartiers an der
Marktstatte mit seinen mittelalterlichen Holz- und Steinbauten
nachgezeichnet. Mit der Aufschuttung der Flachwasserzone im 12.
Jahrhundert wurde in dem sudlich der Bischofsstadt direkt am
Bodenseeufer gelegenen Gelande eine vor Uberflutungen geschutzten Flache
zum Abhalten der Markte geschaffen und gleichzeitig ein Hafenbecken
angelegt. Anhand der fruhen Holzbebauung der oberen Marktstatte aus dem
letzten Drittel des 12. Jahrhunderts kann die Autorin die uberregionale
Bedeutung der Bischofsstadt als Knotenpunkt des Fernhandels
unterstreichen. Die etwa 230 Jahre andauernde kontinuierliche Bebauung
des Marktstatter Quartiers ging schliesslich im schriftlich belegten
verheerenden Stadtbrand von 1398 unter. Die Untersuchung der Baubefunde
wird erganzt durch die Bearbeitung der archaologischen Funde. Der
Schwerpunkt liegt dabei auf der Keramik, die auch fur die Datierung der
Befunde eine wichtige Rolle spielt, daneben werden Metallobjekte, Glas
sowie Stein-, Knochen- und Holzfunde behandelt. Zwei eigene Beitrage
widmen sich den Lederfunden sowie den botanischen Resten aus den
Ausgrabungen.