Bucher uber die Historische Rechtsschule konnten ganze Bibliotheken
fullen. Gleichwohl fallt es bis heute schwer zu beantworten, wer warum
zu dieser Schule gerechnet werden kann und wer nicht. Dies liegt auch
daran, dass die geistesgeschichtliche Methode, welche die
Rechtshistoriografie im 20. Jahrhundert lange dominierte, bis heute
Spuren hinterlassen hat. Epochen wurden von Leitfiguren her gelesen, in
denen der Zeitgeist vermeintlich zur Entfaltung kam. Die Historische
Rechtsschule wurde seitdem weitgehend mit Friedrich Carl v. Savigny
identifiziert. Die Forschung konzentrierte sich auf Savigny und liess
die meisten seiner Schuler fast unbeachtet. Als Gruppenphanomen erweist
sich die Historische Rechtsschule bis heute als erstaunliche Terra
incognita. Die Abhandlung unternimmt den Versuch, die Historische
Rechtsschule erstmals als wissenschaftliche Schule und damit als
Kommunikationszusammenhang einer grossen Zahl von Rechtswissenschaftlern
zu rekonstruieren. Drei Felder der juristischen Tatigkeit, in denen sich
die Historische Schule als Einheit positionierte und in sich wandelndem
Kontext auch mehrfach neu konstituierte, werden dabei betrachtet: der
Jurist als Lehrer, als Rechtswissenschaftler und als Richter.