In einem vor dem Mathematischen Reichsverband in Dlisseldorf 1926
gehaltenen Vortrag! entwickelte OTTO TOEPLITZ seine Ideen über eine neue
Methode, die bekannten Schwierigkeiten der Vorlesung über Infini-
tesimalrechnung zu überwinden. Er nennt seine Methode die genetische.
Ich führe seine eigenen Worte an: "Ich sagte mir: alle diese Gegen-
stände der Infinitesimalrechnung, die heute als kanonisierte Requisiten
gelehrt werden, der Mittelwertsatz, die Taylorsche R, eihe, der Konver-
genzbegriff, das bestimmte Integral, vor allem der Differentialquotient
selbst, und bei denen nirgends die Frage berührt wird: warum so? wie
kommt man zu ihnep ? alle diese Requisiten also müssen doch ein- mal
Objekte eines spannenden Suchens, einer aufregenden Handlung gewesen
sein, nämlich damals, als sie geschaffen wurden. Wenn man an diese
Wurzeln der Begriffe zurückginge, würde der Staub der Zeiten, die
Schrammen langer Abnutzung von ihnen abfallen, und sie würden wieder als
lebensvolle Wesen vor uns erstehen. " Er will dem jungen Studenten, der
wissen möchte, inwiefern die Mathematik spannend, inwiefern sie schön
ist, die Entdeckungen in ihrer ganzen Dramatik vorführen und so die
Fragestellungen, Begriffe und- Tatsachen vor ihm entstehen lassen. Er
möchte seine Methode nicht als eine historische Methode bezeichnet
wissen. "Der Historiker, auch der der Mathematik, hat die Aufgabe, alles
Gewesene zu registrie- ren, ob es gut war oder schlecht. Ich will aus
der Historie nur die Motive für die Dinge, die sich hernach bewährt
haben, herausgreifen und will sie direkt oder indirekt verwerten.