Seit der Mitte des 18. Jh.s ist die stadtische Burgerschicht Japans
Tragerin einer stark kommerzialisierten Popularkultur, zu der die
vielfach verschrankten Genres des Kabuki-Theaters, der Farbholzschnitte
(ukiyoe) und der reich illustrierten Romanheftchen (kusazoshi) zahlen.
Untersuchungen zu den Inhalten dieser teils weltberuhmten kulturellen
Produktion bleiben jedoch zumal in westlichen Sprachen eine Seltenheit.
Dabei bildet sie, wie Trivialliteratur allgemein, ein weites Feld
mentalitatsgeschichtlicher Interpretation, indem sie den Rezipienten,
wenn auch fantastisch-uberhohte, Projektionsflachen fur real bestehende
Wunsche und Angste anbietet. Die durch 56 Farb- und 109
Schwarzweissabbildungen unterstutzte Analyse der in vielen dieser Werke
anzutreffenden Feindvalenz der "bosen alten Frau" zeigt auf, dass das
weibliche Alter offenbar erhebliche Angste ausloste, den heute
vorherrschenden Bildern eines fur Japan typischen lachelnden, von der
Familie warm umsorgten Alters, zum Trotz. Im Zuge einer erheblichen
Alterung der Gesellschaft war Alter in der spateren Edo-Zeit (ca.
1750-1868) zu einem sozialen Problem geworden, das bewusst aufgrund
demographischer und anderer Faktoren vor allem an der alten Mutter
wahrgenommen wurde.