Die wissenschaftlichen Leistungen in der Habsburgermonarchie in der
ersten Halfte des 19. Jahrhunderts sind aus verschiedenen Grunden
unterbelichtet. Eine systematische Auswertung der in Wien erschienenen
gelehrten Zeitschriften und Unterhaltungsblatter aus dieser Zeit schafft
eine Basis, um sich diesem "versunkenen Kontinent" anzunahern. Die
wissenschaftlichen Beziehungen zwischen Wien und den bohmischen Landern
waren eng und fruchtbar. Nachdem Teil I (2011) die Bereiche Belletristik
und Pressewesen erschlossen hat, wird in Teil II des auf vier Teile
ausgelegten Bandes jenes Material systematisch erfasst, das in die
Bereiche Sprachwissenschaften - Philosophie, Asthetik, Rhetorik -
Geschichte - Bildungsinstitutionen fallt. Es zeigt sich, dass die Wiener
gelehrten Zeitschriften des Vormarz, die interdisziplinar ausgerichtet
waren, eine Fulle an wissenschaftsgeschichtlich relevantem Material
bergen. Da ein buchwissenschaftlicher Ansatz gewahlt wurde, sind im
kritischen Apparat jene Werke ausgewiesen, welche rezensiert bzw.
angezeigt wurden. Die Zeitschriften verbreiteten Fachliteratur, die, in
deutscher oder tschechischer Sprache verfasst und meist in Prag verlegt,
Gelehrte aus den bohmischen Landern zu Autoren hatte. Biographische
Notizen zu 210 Gelehrten und 80 Arzten von Rang, Berichte uber
Gelehrtengesellschaften und Mitgliedschaften, Museen und Sammlungen
belegen aus medialer Perspektive, dass den bohmischen Landern eine
fuhrende Rolle im Wissenschafts- und Bildungsbereich konzediert werden
muss. Gezeigt wird jedoch auch der Umgang der Wiener Blatter mit der
Geschichte der bohmischen Lander per se. Er schlug sich in Anzeigen
historiographischer Schriften ebenso nieder wie in historischen
Abhandlungen und journalistisch aufbereiteten Textsorten, etwa
geschichtlichen Skizzen und Gedachtnisnotizen. Auch fanden sich bis ca.
1820 zahlreiche "Intelligenznachrichten" zum Schul- und Bildungswesen
der bohmischen Lander, die hier erfasst werden. Den Prozessen um die
Emanzipation ("Wiedergeburt") der tschechischen Sprache und Kultur
schenkten diese Wiener nichtpolitischen Blatter (so die Einstufung durch
die Metternich'sche Zensur) oftmals "sine ira et studio ohne jedwede
nationalideologische Voreingenommenheit" (Moritz Csaky) Beachtung.
Damals existierende Verbindungen zur Wiener Universitat sowie zum
Presse- und Verlagswesen in der Haupt- und Residenzstadt werden
kenntlich gemacht.