Das Buch bringt sprachanalytische Untersuchungen von Gesprächen, die
zwi- schen schwerkranken Patienten und Ärzten stattgefunden haben. Die
Analysen sollen Möglichkeiten und Schwierigkeiten der Gesprächsführung
während der ärztlichen Visite aufzeigen und Anleitungen geben, die
Gesprächsführung effek- tiver zu gestalten. Es werden
Eigengesetzlichkeiten und unbewußte Strategien sichtbar gemacht, die den
Verlauf von Gesprächen bestimmen und deren Kenntnis für den Arzt
hilfreich ist, um seine diagnostischen und therapeutischen Absichten zu
erreichen. Das klingt so technisch und speziell, als ob es nur Ärzte
und, im äußersten Fall, Sprachwissenschaftler interessieren könnte. Aber
das ist nur die eine Seite dessen, was in diesem Buch dargestellt wird.
Die andere Seite betrifft ein The- ma, das uns alle angeht, und das eine
eigene Dramatik und Spannung enthält. Es handelt von einer Tatsache, die
nur in Situationen der persönlichen No- wie der einer lebensbedrohenden
Krankheit - offenbar wird, weil wir sie sonst erfolgreich verleugnen,
obgleich, oder weil, sie eine grundlegende Eigenschaft unserer
menschlichen Existenz, und damit der conditio humana überhaupt, be-
trifft: Die Einsamkeit des einzelnen. Weil jeder von uns in einer nur
ihm gehöri- gen und nur ihm selbst zugänglichen Wirklichkeit lebt,
bedarf es ständiger An- strengungen, um diese Einsamkeit zu sprengen und
gemeinsame Wirklichkeiten aufzubauen, in denen man sich mit anderen
nicht nur oberflächlich und ratio- nal, sondern auch in Bereichen, die
den einzelnen affektiv betreffen, verständi- gen kann. Aber diese
Anstrengungen sind auch gefährlich. Sie verändern die Wirklichkeit, in
der wir zu Hause sind und deren Illusionen uns vor Angst schützen.