Seit Auffindung 1908 auf Kreta zieht der Diskus von Phaistos wegen
seiner spiraligen Beschriftung mit den dekorativen 'Hieroglyphen' die
Aufmerksamkeit eines breiten Publikums auf sich. Seine Popularitat
schlagt sich nieder in zahlreichen Abbildungen, in Repliken und sogar
Fernsehsendungen. Als langster kretischer Text des 2. Jahrtausends v.
Chr. ist er in vielerlei Hinsicht von besonderer wissenschaftlicher
Bedeutung. Dies hat viele Gelehrte und Amateure veranlasst, die
ratselhafte Schrift zu entziffern - ohne Erfolg. Der Hauptgrund liegt
darin, dass man sich vorschnell der eigentlichen Entzifferung zuwandte,
ohne zuvor die entscheidenden Voraussetzungen (Leserichtung,
Schriftsystem, Sprache usw.) zu untersuchen. Die entmutigenden
Misserfolge fuhrten sogar zur Annahme, die Scheibe sei eine Falschung
ihres Entdeckers Pernier und gar nicht entzifferbar. Das Buch will unter
Berucksichtigung fast der gesamten Fachliteratur die notwendigen
Grundlagen schaffen. Dabei sollen Begrundungen an die Stelle blosser
Behauptungen treten und moglichst viele wichtige Bereiche (z.B. Schrift-
und Sprachverhaltnisse im fruhen Kreta; die dem Diskus am nachsten
stehende Inschrift auf der Axt von Arkalochori; die Kreta-Verse in Ilias
und Odyssee) zur Sprache kommen, ebenso die psychologischen Grunde fur
das Misslingen so vieler Entzifferungen. Die Darstellung achtet auf
Allgemeinverstandlichkeit.