Das Revisionsrecht unterliegt seit Jahrzehnten einem erheblichen Wandel;
seine Formenstrenge scheint in Auflosung begriffen. Von diesen
tiefgreifenden Veranderungen ist das von den Strafsenaten des
Bundesgerichtshofs entwickelte Verbot der Rekonstruktion der
Hauptverhandlung weithin unberuhrt geblieben. Den Revisionsgerichten ist
es danach versagt, zur Nachprufung von Verfahrensrugen mundlichen
Prozessstoff der tatrichterlichen Hauptverhandlung im Wege des
revisionsgerichtlichen Freibeweises zu rekonstruieren. Diese
Rechtsprechung begegnet von jeher Kritik, zumal es an einer tragfahigen
Begrundung fur das Rekonstruktionsverbot fehlt. Nach einer
Bestandsaufnahme und Analyse der Rechtsprechung sowie der im Schrifttum
vertretenen Auffassungen zum Rekonstruktionsverbot unterzieht Louisa
Bartel die bisherigen Begrundungsansatze einer kritischen Uberprufung.
Vor dem Hintergrund des Kontrollprogramms der Verfahrensruge und mit
Blick auf das verfassungsrechtlich verbur gte Prinzip effektiven
Rechtsschutzes zeigt sie Tragfahigkeit und Grenzen des
Rekonstruktionsverbots auf.