In den letzten Jahren ist immer wieder einmal offen oder versteckt
daruber geklagt worden, daG sich sowohl Forschung wie Lehre der Medizin
allzu sehr auf seltene Krankheitsbilder konzentrieren, deren Kenntnis
fur den praktisch tatigen Arzt nur von untergeordneter Bedeutung sein
konne. An der Tatsache einer Ausweitung des medizinischen Interesses
auch auf Randgebiete der menschlichen Pathologie kann wohl nicht
gezweifelt wer den, der etwaige Vorwurf einer Versaumung dringlicherer
Gegenwartsauf gaben ware jedoch nicht gerecht. Mit der zunehmenden
Durchdringung der Heilkunde mit naturwissenschaftlichen Denk-und
Arbeitsmethoden konnte sich nicht nur das Wissen urn haufiger
auftretende Erkrankungen standig mehr vertiefen, sondern muGten auch
solehe Leiden zum Gegenstand von Forschung und Lehre werden, die infolge
einer geringeren Morbiditat bis lang nur wenig Aufmerksamkeit auf sich
gelenkt hatten. Es gibt jedoch noch einen anderen Grund fur das
intensive Studium dieser Erscheinungen an der Peripherie menschlichen
Krankseins. In nicht wenigen Fallen soleh seltener Krankheiten bietet
namlich die Natur eine ganz einmalige Moglichkeit, Lebensvorgange zu
erforschen, die ansonsten nicht oder nur schwer zuganglich waren. Mag es
auf Anhieb auch noch nicht offensichtlich sein, so ist doch meist zu
erwarten, daG die hieraus ge wonnenen Erfahrungen zu einer Befruchtung
des Verstandnisses anderer physiologischer, vor aHem aber auch
pathologischer Erscheinungen fUhren und hier nicht zuletzt auch
Anhaltspunkte fUr ein erfolgreiches therapeu tisches Handeln bieten."