Richard Wagners Antisemitismus polarisiert bis heute. Dabei geht es
nicht um die Frage, ob Wagner Antisemit war, denn dies lässt sich anhand
seiner Schriften eindeutig belegen. Vielmehr wird die Diskussion von der
Frage bestimmt, ob antisemitische Tendenzen auch den musikalischen
Werken Wagners innewohnen. Spätestens seit Adornos 'Versuch über Wagner'
ist diese schwierige Frage kontrovers diskutiert worden. Die
pseudowissenschaftliche Argumentation in Wagners Schriften, Andeutungen
von prominenten Denkern wie Gustav Mahler, Alfred Einstein oder eben
Theodor W. Adorno und nicht zuletzt die Vergötterung Wagners und seiner
Musik durch Adolf Hitler gaben das Brennmaterial, an dem sich die
Diskussion in den 70er Jahren - nach einer Zeit, in der man mit
werkimmanenter Deutung eine Klärung zu verdrängen suchte - mit voller
Wucht entzünden sollte. Die vorliegende Untersuchung hat das Ziel, die
Diskussion über antisemitische Zerrbilder im 'Ring des Nibelungen'
kritisch zu beleuchten. Eine Diskussion, die sich als sehr emotional und
kontrovers herausstellt, auch weil, wie viele Wagner-Verteidiger immer
wieder betonen, Wagner seine Bühnenfiguren nie offen als jüdisch oder
gar als Judenkarikaturen herausgestellt hat. Die Studie stellt dabei die
musikwissenschaftliche Debatte in ihrer historischen Gesamtheit dar,
also von den ersten Aufführungen des Ring bis in die Gegenwart. Die
Studie untersucht die Diskussion hinsichtlich ihres Wesens und ihrer
Psyche und zeigt, wie sich einzelne Argumentationslinien im Lauf der
Zeit verändert und präzisiert haben.