Wer wirtschaften will, muB vergleichen. Damit aber die Dinge, mit denen
gewirtschaftet werden soll, verglichen werden konnen, miissen sie zuvor
gleichnamig gemacht, in Geld ausgedriickt, d. h. bewertet werden. Die
Frage nach dem richtigen oder - besser - nach dem jeweils sinnvollen
Wertansatz und der Art und Weise, wie er gefunden werden kann, ist darum
von besonderer Bedeutung und stellt eines der zentralen Pro- bleme der
Betriebswirtschaftslehre dar. 1m Steuerrecht tauchte die Frage nach dem
Wert und der Bewertung auf, als man dazu iiberging, der Besteuerung vor
allem das Vermogen und die erzielten Gewinne zugrunde zu legen. Sie
gewann an Gewicht, als die ge- werblichen Unternehmungen als
Vermogenstrager und Gewinnquellen fUr das Steueraufkommen eine
entscheidende Bedeutung erlangten. MuBte das Betriebsvermogen jetzt
einerseits zum Zwecke der Vermogens- besteuerung bewertet werden, so
diente die Bewertung andererseits auch der richtigen Ermittlung der
steuerpflichtigen Unternehmungsgewinne. Mannigfache Versuche sind
unternommen worden, um dieses Wert- problem in befriedigender Weise zu
losen. Anfanglich glaubte man, in dem "gemeinen Wert" des PreuBischen
Allgemeinen Landrechts einen geeigneten WertmaBstab gefunden zu haben.
Diese Annahme erwies sich jedoch als irrig. Der Versuch, mit Hilfe des
gemeinen Wertes eine sinn- volle Bewertung zu erreichen, scheiterte an
der Tatsache, daB der Wert eines Gutes, insbesondere eines Anlagegutes,
unter Beriicksichtigung seiner ZugehOrigkeit zu einer iibergeordneten
wirtschaftlichen Einheit, einem Unternehmen also, von seinem gemeinen
Wert (= Verkaufswert) sehr oft abweicht. Dieser Zwiespalt konnte auch im
Laufe der weiteren Entwicklung der steuerlichen Bewertungslehre nicht
beseitigt werden.