English summary: In the Roman law tradition up to Savigny, culpa
was not considered to be a causa obligationis . Rudolf v. Jhering
rejected this dogma 150 years ago. His adiscovery of culpa in
contrahendo finally introduced a general basis for liability in legal
relations based on nothing but bona fides (good faith). However, the
stage at which precontractual reliance becomes worthy of protection is
not yet defined. In this study, the author explores why culpa in
contrahendo is nevertheless still retained. German description: Die
culpa in contrahendo gilt als die nachhaltigste aller juristischen
Entdeckungen, und in dieser Konnotation steht sie fur die juristische
Kreativitat und Leistungsfahigkeit der deutschen Zivilrechtswissenschaft
schlechthin. Vor 150 Jahren von Rudolf v. Jhering ins juristische
Dasein gerufen, haben ihre immer ausgedehnteren praktischen
Anwendungsbereiche aus einer anfanglich blossen begrifflichen Idee ein
mittlerweile nicht mehr uberschaubares Rechtsinstitut werden lassen.
Dabei klafft seit jeher ein Graben zwischen der praktischen
Anwendungsbreite einerseits und einer uberzeugenden wissenschaftlichen
Begrundung andererseits. Eine sichere dogmatische Eingrenzung dieser
sogenannten adritten Haftungsspur zwischen Vertrag und Delikt ist bisher
nicht gelungen und daruber vermag auch der Umstand nicht
hinwegzutauschen, dass die avorvertragliche Haftung jedenfalls in
Deutschland seit der Schuldrechtsreform 2002 Gesetzeskraft geniesst.
Wegen ihrer rechtstheoretischen Unfasslichkeit gilt die culpa in
contrahendo manchen auch weniger als ein Zeugnis juristischer
Wissenschaftlichkeit denn als awandelnder Irrwisch und Ausdruck einer
diffusen Billigkeitsjurisprudenz. Der vorliegende erste Teil der auf
zwei Bande angelegten Studie bemuht sich um eine grundlegende und
ganzheitliche Bestandsaufnahme dieses wichtigen Haftungsinstituts. Der
umfassende methodologische Ansatz, der rechtshistorische,
-philosophische, -vergleichende, -okonomische und rechtsdogmatische
Perspektiven einbezieht, ermoglicht nicht nur, die pragenden geistigen
Krafte hinter der jeweils akzeptierten dogmatischen
Haftungskonstruktion, sondern auch Transformationen und Kontinuitaten im
Zivilrechtsdenken seit der Romischen Antike aufzuzeigen.