Die Gesellschaft ist im Bilde. Ästhetische Erfahrung und soziologische
Hermeneutik In den Anfangsgründen der Gesellschaftstheorie nimmt nicht
die Kunst, sondern das Recht einen prominenten Platz ein. Gerade weil
sich Soziologie um das Problem sozialer Ordnung zentriert und
organisiert, gerinnt eine Gesellschaftstheorie, die den primären
Integrationsmodus von Recht postuliert, zu einer mehr oder minder
impliziten Rechtsanalyse. Dies habe ich in »Gesellschaftstheorie 1 und
Recht« insbesondere anhand der Theoriebeiträge von Marx, Durkheim und
Weber im Detail nachzuzeichnen versucht. In Fortführung einer Suche nach
den juridischen Ursprüngen des soziologischen Denkens möchte ich nunmehr
untersuchen, welchen systematischen Stellenwert Kunst und
Alltagsästhetik in den Entwürfen zum Verständnis der Moderne einnimmt.
Neben Georg Simmel ist Emile Durkheim besonders aufschlußreich. Ver-
schließt seine Kritik des Ästhetizismus der Soziologie den Zugang zu
ästhetischen Phänomenen oder liefert gerade der juridisch und
religionssoziologisch argumentierende Durkheim ein Instrument, der Kunst
einen deutlichen Platz in der Gesellschaftstheorie anzu- weisen? Auch in
Webers Bild des okzidentalen Rationalismus sind der Stellenwert der
Kunst und die Bedeutung der Ästhetik für das All- tagshandeln
unterbelichtet Schließlich ist Webers Projekt einer So- ziologie der
Kultur-und Kunstinhalte nicht mehr zur Ausführung ge- langt. Aber lohnt
es nicht vielleicht, angesichts einer theoretischen Vgl. Gephart, Wemer:
Gesellschaftstheorie und Recht. Das Recht im soziolo- gischen Diskurs
der Modeme. Frankfurt am Main 1993.