Mnemotechnische Bilderbibeln sind Gedachtnistutzen der besonderen Art:
An der Wende vom Spatmittelalter zur fruhen Neuzeit versuchten Kleriker,
sich mit ihrer Hilfe den gesamten Inhalt der Bibel einzupragen.Als
moderne Menschen, die bei der Bewaltigung der alltaglichen
Informationsflut ganz selbstverstandlich auf die Datenverarbeitung
vertrauen, konnen uns derartige Gedachtnisleistungen nur in Erstaunen
versetzen. Der Bibelstoff wurde in weit uber 3.000 minuziose
Gedachtnisbilder umgesetzt, die man in postkartengrossen Handschriften
in einem speziellen Seitenrahmen anordnete. So entstand ein handliches
Lern- und Predigtvorbereitungsmittel, das dem Betrachter Auskunft
daruber gibt, wie sich die Geistlichen den Bibelstoff einpragten und wie
man sich die Ablaufe des Wiedererinnerns vorzustellen hat. Die Analyse
dieser Vorgange steht im Mittelpunkt des Buches.Untersucht werden
ausserdem der Ursprung der angewandten Memoriertechnik, die Quellen der
vielgestaltigen Bilderwelt, die die damalige Alltagskultur
widerspiegelt, und - als interessante bibelgeschichtliche Aspekte - die
exakte Textgrundlage dieser Gedachnisbilder sowie die Frage, ob die
mnemotechnischen Bilderbibeln als "visuelle Konkordanzen" gedient
haben.Es werden alle bislang bekannten Bilderbibel-Exemplare
(Handschriften und Drucke) vorgestellt. Abgerundet wird die Arbeit durch
einen Katalog mit uber 80 alphabetisch geordneten Eintragen und
detaillierten Umzeichnungen der Bildsymbole: ein wertvoller, visueller
Schlussel, der beim Studium der mnemotechnischen Bilderbibeln und
anderer bebilderter Mnemotechnikwerke behilflich sein kann.