Die Tuberkulose als weltweite Seuche ist in vielen Landern nach wie vor
eine GeiBel mittelalterlicher Pragung. Sie totet - auch in entwickelten
Landern - heute noch mehr Leute als alle andern Infektionskrankheiten
zusammen (FRAPPIER, Canada). Urn die J ahr- hundertwende sah v. KORANYI
die vornehmste Aufgabe unseres Jahrhunderts, die Macht der Tuberkulose
zu brechen. Die Grlinde der inzwischen eingetretenen gewaltigen Sen-
kung von Mortalitat und Morbiditat liegen verschieden. Effekte
arztlicher und zivilisato- rischer Herkunft machen die
Tuberkulosebekampfung zu einer Vielfaktorenaufgabe, de- ren
Einzelkomponenten in ihrem EinfluB auf den Gesamterfolg nicht exakt zu
werten sind. Die erfreulich groBe Zahl von wirksamen Moglichkeiten gegen
die Seuche einerseits und die Schwierigkeiten in der Einschatzung der
StoBkrafl" einer Einzelmethode anderseits haben deren Begutachtung einem
individuellen Spielraum liberlassen, der enge und weite Grenzen zugleich
zulaBt. In diesem biegsamen Rahmen subjektiver Wertung steht auch die
Methode der BCG-Impfung gegen die Tuberkulose. Viele Krzte schatzen
ihren Wert hoch ein, andere halten ihn flir gering. Dieses Abwehrsystem
erlebt also, gerade in Deutschland, eine so unterschiedliche, ja ofl
geradezu leidenschaflliche Be- wertung, daB man es beinahe dem
SCHILLER-Wort: Von der Parteien Gunst und HaB verwirrt, schwankt sein
Charakterbild in der Geschichte", unterstellen mochte. Ander- seits:
Klar sieht, wer von ferne sieht, und nebelhafl, wer Anteil nimmt"
(LAOTSE). Es liegen heute tierexperimentelle Untersuchungen und
Erfahrungen am Menschen aus vielen Landern der Erde dermaBen zahlreich
vor, daB einem vorbehaltlosen Prlifer die Unterlagen zur Beurteilung der
Wirksamkeit der Methode nicht fehlen.