Im 18. Jahrhundert verschob sich die Legitimationsgrundlage des
Strafrechts. An die Stelle der Tradition trat der gesellschaftliche
Nutzen. Individuelle Weltbilder erlangten dadurch erheblichen Einfluss
auf den Inhalt der Straflehren. Die Studie untersucht das materielle und
methodische Rechtsverstandnis in der Fruhphase der praktischen
Strafrechtsreform anhand von Einsendungen auf die Berner Preisfrage zur
Strafgesetzgebung von 1777. Die Reformschriften ahneln sich auf
phanomenologischer Ebene, weil alle Autoren sich der Mittel des
fruhmodernen Staates bedienen wollten. Die vorgelagerten Vorstellungen
von den Gegenstanden, Inhalten und Methoden des Rechts divergierten
gleichwohl enorm. Ein gemeinsames, "aufgeklartes" Rechtsverstandnis
lasst sich deshalb nicht definieren, wohl aber Denkstile, die den
strafrechtlichen Diskurs bis heute pragen.