Die Zuordnung von Eigenschaften wie trivial und unterhaltsam kann
durchaus als stereotypisch für den Umgang mit der Gattung Musical in der
wissenschaftlichen Literatur der letzten Jahrzehnte gelten. Das Musical
als ernsthafte Theatergattung wird im Vergleich zu den "klassischen"
Musiktheaterformen (die verschiedenen Opernrichtungen, Operette) von der
Forschung - insbesondere der musikwissenschaftlichen - so gut wie nicht
wahrgenommen. Vor allem im deutschsprachigen Raum scheint es ein
ungeschriebenes Gesetz zu sein, das Musical von vornherein in die
"Unterhaltungsschublade" zu stecken und mit entsprechend niedrigen bzw.
keinen Erwartungen an Buch und Partitur heranzutreten. Es soll mit
dieser Studie der Versuch unternommen werden, die Kompositionstechnik
Sondheims frei von solchen ideologischen Prämissen zu untersuchen und
auch nicht einem bestimmten Vorwurf nachzugehen, sondern vielmehr
Entwicklungslinien und Einflüsse zu verfolgen und nachzuvollziehen, wie
es zu den sehr kontroversen Meinungen über einen gerade bei der Kritik
so erfolgreichen Komponisten kommen kann.